Thomas Fuchs, SVP, Kandidat für die Berner Gemeinderatswahlen am 29. November 2020 (Liste 1, Bürgerliches Bündnis) möchte die Bundeshauptstadt künftig in ein positives Licht stellen. Dies bedingt für ihn aber, dass es im Gemeinderat auch bürgerliche Stimmen hat, die Gegensteuer geben bezüglich der rot-grünen Mehrheit, dass Generationen verbunden werden sowie ein Geben und Nehme bezüglich der Gewerbetreibenden. Der «Sparfuchs» plädiert auch dafür, dass es gerade jetzt für Luxuslösungen keinen Platz mehr hat und das Budget dringend ausgeglichen werden muss.
Der Wahlkampf ist im Endspurt. Wie ist es bis jetzt gelaufen?
Thomas Fuchs: Bedingt durch Corona konnten leider fast keine Veranstaltungen stattfinden und der Wahlkampf hat sich sicher vermehrt ins Internet respektive in die sozialen Medien verschoben. Gerade auf den sozialen Medien habe ich neue Kanäle eröffnen können und eine viel breitere Anzahl an Personen erreicht. Die positiven Feedbacks zeigen auf, dass es sich lohnt, innovativ und modern unterwegs zu sein. Mit dem Erzählen von Geschichten rund um meine Person und meine Sicht für Bern will ich den Leuten ermöglichen, mich in dieser Zeit trotzdem besser kennenzulernen, und mich zu entdecken. Aber am Ende des Tages wählen Menschen Köpfe und deshalb machen wir Standaktionen, natürlich mit Maske und dem nötigen Abstand, und suchen so den Kontakt zur Bevölkerung. Wir haben es in den USA gesehen – jede Stimme zählt. Ich gehe von einem sehr knappen Wahlergebnis aus. Bis und mit am 29. November 2020 kann man noch seine Stimme abgeben – mich kann man sogar zwei Mal auf jede Liste schreiben (Gemeinderat Liste 1 Bürgerliches Bündnis, Stadtrat Liste 20).
Ihnen ist ganz wichtig, dass man sich in der Stadt Bern als Gemeinsames versteht. Ist das momentan nicht so und was verstehen Sie konkret darunter?
Wir sollten Alt und Jung nicht trennen, sondern die Generationen verbinden. Die Interessen von Bern kann nicht nur eine rot-grüne Mehrheit wahrnehmen, sondern es braucht im Gemeinderat auch eine bürgerliche Stimme, die sich einbringen kann und nötigenfalls auf die Bremse treten kann oder den Warnfinger erheben kann. Das Gemeinsame ist für mich insofern wichtig, damit sich alle Bürgerinnen und Bürger unserer wunderschönen Stadt in der Exekutive vertreten fühlen. So gibt es andere Sichten und Meinungen, welche viel breiter abgestützt sind – dadurch auch glaubwürdiger und vor allem reflektierter.
Sie betonen immer wieder, dass «wir zu unserem UNESCO Weltkulturerbe Sorge tragen müssen». Sicherheit und Sauberkeit sind ein zentrales Thema für die Stadt Bern und für Sie. Können Sie das erklären?
Besucher der Stadt Bern sollen sich in Bern sicher und wohl fühlen können, an jedem Ort in der Stadt. Mich persönlich stört es, wenn Sandsteinfassaden versprayt werden, wenn man überall den Müll liegen lässt oder nachts in Hausecken uriniert. Irgendjemand muss das am Schluss putzen und diese Kosten tragen dann alle. Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Stadt auch von diesem Label lebt, dass unsere Geschäfte davon profitieren und wir so als Stadt Einkünfte verzeichnen können. Dazu muss man Sorge tragen, das ist grundsätzlich keine Frage, es ist eine Einstellung.
Gemäss Ihnen ist das Budgetdefizit von 41 Millionen Franken gegenüber den Berner Bewohnerinnen und Bewohnern, aber auch den zukünftigen Generationen schlicht unverantwortlich. Wie kann das Berner Budget wieder ins Lot gebracht werden?
Ich komme aus einer privaten Unternehmung und bei uns ist ein Budget im Minus nicht mal ein Gedanke wert. Klar möchte ich dies nun nicht mit meiner Situation im Beruf vergleichen, aber es widerstrebt mir als Betriebswirtschafter eine rote Zahl zu sehen. Eine Stadt kann nicht über ihre Verhältnisse leben, schon gar nicht in der aktuellen Situation mit Covid. Wir haben die Sorgfaltspflicht, ein ausgeglichenes Budget zu präsentieren und alle nötigen Massnahmen einzuleiten, dass dies erreicht werden kann. Zudem dürfen wir nicht vergessen, was uns im nächsten Jahr wegen Corona unter Umständen noch erwarten kann. Im dümmsten Fall wäre das Defizit noch viel höher. Es liegt mir fern, alles besser zu wissen oder zu beurteilen, wie man das Berner Budget ins Lot bringen kann, dazu müsste ich den Budgetplan sehen und vor allem muss man die Verwaltung einbeziehen und die guten Sparideen bei den mehreren Tausend Mitarbeitenden der Stadt Bern einholen. Aber grundsätzlich gilt, ich kann nicht mehr ausgeben als ich habe. Wenn ich schon weiss, dass es schwierig wird, dann gebe ich sicherlich nicht mehr aus. Das macht niemand. Man muss auch vermehrt wieder mit gesundem Menschenverstand planen und projektieren, für Luxuslösungen gibt es keinen Platz mehr.
Bern braucht bezahlbaren Wohnraum und muss den Platz in Bern noch viel effektiver ausnutzen. Wie würden Sie da vorgehen?
Man muss es ermöglichen, dass man bei Umbauten Dachstöcke ausbauen kann und Liegenschaften modernisieren darf. Es ist mir ein Rätsel, wieso man bei den heutigen teuren Landpreisen nur 5-stöckig baut. Das macht die einzelnen Wohnungen teurer. Man muss den Raum optimal ausnützen und halt auch höher bauen. Dies senkt dann die durchschnittlichen Kosten pro Wohnung. Es muss auch nicht immer alles luxussaniert werden, es gibt viele Leute, die ziehen günstigen Wohnraum vor. Mit einem verdichteten Bauen im überbauten Gebiet wird ermöglicht, dass Naherholungsgebiete noch lange erhalten bleiben. Aus diesem Grunde lehne ich es auch ab, dass im Wald gebaut werden soll (Stichwort: Waldstadt), oder dass man wegen dem Bau der geplanten BLS-Werkstätte massivste Eingriffe in die Natur vornimmt.
Sie machen sich auch für die Gewerbetreibenden in der Stadt Bern stark. Wo drückt bei den Gewerblern der Schuh und wie kann man ihre Rahmenbedingungen verbessern?
Weniger Gebühren, weniger Vorschriften und Kontrollen und mehr Eigenverantwortung, Steuerliche Anreize für Firmen, die Lehrlinge ausbilden oder Menschen mit einer Beeinträchtigung einstellen oder Leute über 60. Die Klein- und Mittelbetriebe KMU sind mitunter ein Gesicht unserer Stadt, sie beleben uns, finanzieren uns und sind auch ein Vermarktungsmittel für die Stadt Bern. Es ist eben nicht nur ein Nehmen, es ist auch ein Geben.
Die Verwaltung in Bern hat noch Luft nach oben. Sehen Sie das auch so?
In jeder Verwaltung (Bund, Kanton und Gemeinde) hat es noch Luft nach oben. Die Verwaltung ist in den letzten Jahren übermässig gewachsen und es wurden neue Stellen geschaffen, als man schon längst hätte erkennen müssen, dass sich die Einnahmen reduzieren werden. Gerade rund um das Thema Digitalisierung hinkt die Stadt gewaltig hinten nach. Es ist eines der vordringlichsten Themen unserer Stadt im Umgang mit den Kunden – nämlich dass wir digitale Lösungen auf den verschiedensten Ebenen anbieten. Dies gibt der Stadt Bern ein modernes Gesicht und lässt nicht den Amtsschimmel wiehern. Ebenfalls muss erkannt werden, dass der Kunde – sprich der Steuerzahler – die Löhne bezahlt. Nur dadurch wird der Kunde auch zum König. Was mich immer wieder irritiert, sind die Öffnungszeiten. Es ist ja nicht nur in Bern so, aber wir müssen den Kunden in den Fokus nehmen und von ihm lernen, was er braucht, wie er es braucht und auch wann. Dies ermöglicht die richtigen innovativen, digitalen Schritte zu machen. Am Ende des Tages entschlacken wir dadurch die Verwaltung und senken Kosten.
Sie bezeichnen sich als Steuer- und Sparfuchs für Bern. Was heisst das konkret?
Ich habe gerne mit Zahlen zu tun und habe schon in der Schule lieber Rechnungsaufgaben gelöst statt Sport gemacht. Mein Ziel ist es, so zu sparen, dass die meisten Leute es gar nicht merken, aber dass die Stadt Bern wieder ins Lot kommt, welches für die zukünftigen Generationen tragbar ist. Es ist ökonomischer Unsinn, in einer so schwierigen Zeit wie jetzt ein solches Defizit zu planen. In keiner Firma würde man so budgetieren dürfen. Meine Grossmutter hat immer gesagt «man kann nur so viel Geld ausgeben, wie man zur Verfügung hat». Unsere Stadt hat wohl keine Grossmutter. Oder wie mein Vater immer sagte. «Schaff und erwirb, zahl Steuern und stirb». Für mich kann und darf das nicht das Motto einer Regierung sein.
Sie grüssen die Leute nicht erst im Wahlkampf. Respekt ist Ihnen sehr wichtig – gerade auch in der Politik. Wie steht es um das politische Klima, welche Beobachtungen machen Sie da?
Jede und jeder kann eine gute Idee haben und diese muss man umsetzen. Wer Menschen nicht mag, sollte nicht in die Politik einsteigen. Ich bedaure, dass durch Social Media zu oft ein links-rechter Graben geöffnet wird. Wenn wir so weiterpolitisieren, verliert die Mitte an Tragkraft, und wir haben ein System, wie wir es aus den USA kennen. Das wiederum finde ich persönlich nicht ideal, weil es nicht nachhaltig ist. Die gelebte Demokratie unseres Landes ist unantastbar.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Bundeshauptstadt?
Dass Bern wieder vermehrt mit positiven Schlagzeilen von sich reden macht, im Kanton Bern und auch national. Bern hat sehr viel zu bieten, aber wir haben oft Angst darüber zu sprechen, dies zu präsentieren oder entsprechend aufzutreten. Dabei geht es mir nicht darum grosse Geschichten zu schreiben – aber steter Tropfen höhlt den Stein. Wir haben es in den letzten Jahren verpasst, dass wir unseren Platz auf der Schweizer Landkarte mit einem dicken Ausrufezeichen begleitet sehen. Es fehlen die spannenden Anlässe, die innovativen Ideen, die positive Kommunikation. Mir kommt es oft vor, als wären wir am Einschlafen und nur noch am Verwalten. Hoffentlich wird der 29. November 2020 auch zu einem Weckruf.
Interview: Corinne Remund