Als im Bremgartenwald die Motoren dröhnten

    Der Grand Prix Suisse, seinerzeit grösstes Sportereignis der Schweiz, machte Bern zwischen 1934 und 1954 zum Schauplatz der internationalen Motorrennsport-Szene. Bis zum 22. April 2019 zeigt das Bernische Historische Museum die neue Ausstellung «Grand Prix Suisse 1934–54. Bern im Rennfieber».

    (Bilder: Christine Moor) Blick in die Ausstellung «Grand Prix Suisse 1934-54. Bern im Rennfieber» im Bernischen Historischen Museum

    Von 1934 bis 1939 und wiederum von 1947 bis 1954 wurde Bern im Sommer während einiger Tage zum Zentrum des internationalen Motorrennsports. Die Rennen auf dem Rundkurs im Bremgartenwald zählten neben denen in Monte Carlo, Silverstone und jenen auf dem Nürburgring zu den grossen Klassikern des Motorrennsports. Die Automobilrennen wurden in verschiedenen Kategorien ausgetragen. Ab 1950 gehörte das Hauptrennen zur neu gegründeten Automobil-Weltmeisterschaft, heute besser bekannt als Formel-1-Weltmeisterschaft. Neben den Automobilen traten immer auch die Motorräder in verschiedenen Klassen gegeneinander an.

    Grand Prix Suisse – Schweizer Renngeschichte
    «Die Ausstellung greift die vielschichtige Bedeutung des Grand Prix Suisse für Bern und die Schweiz auf. Wir beleuchten den technischen Fortschritt, die Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft sowie auf Berns Alltag. Die kollektive Begeisterung und das um sich greifende Rennfieber werden genauso erlebbar wie die Herausforderungen und Schattenseiten des einst grössten Sportanlasses der Schweiz», erklärt Jakob Messerli, Direktor des Bernischen Historischen Museums. Die Ausstellungsszenografie entführt die Besuchenden auf die Rundstrecke im Bremgartenwald von damals. Neben Fotografien, Grafiken und Memorabilien können 20 historische Rennwagen und Motorräder aus den 1930er- bis 1950er-Jahren bestaunt werden. Unter den ausgestellten Modellen befinden sich auch legendäre Silberpfeile von Mercedes-Benz sowie der Alfa Romeo der Schweizer Rennfahrerlegende Willy Daetwyler oder das für seine aerodynamische Form bekannte Rennmotorrad NSU Rennmax «Blauwal».

    Rennfieber in allen Bevölkerungsschichten
    «Vor der Massenmotorisierung und dem Nationalstrassenbau, in einer Zeit, in welcher sich erst wenige ein Auto leisten konnten, waren Interesse und Begeisterung für starke Motoren und Geschwindigkeit immens», beschreibt Kurator Severin Rüegg das damalige Faszinosum Automobil. Der Grand Prix Suisse stand ebenso für sportliche Höchstleistung wie für technische Fortschritte, welche vom Publikum hautnah erlebt werden wollten. Die Veranstaltung brachte Glamour nach Bern und die Rennen wurden zu einem Erlebnis, das sämtliche Bevölkerungsschichten zu begeistern vermochte. Beim bestbesuchten Rennen im Jahr 1948 fieberten 126’634 Besucherinnen und Besucher aus dem In- und Ausland mit.

    Die Rennen im Spiegel der Weltpolitik
    Auch die grosse Politik zeigte sich im Bremgartenwald: Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs begeisterte das deutsche Duell zwischen Rennwagen der vom NS-Regime geförderten Werksteams von Mercedes-Benz und Auto Union AG die Zuschauer. Die Nationalsozialisten nutzten die Überlegenheit der deutschen Fahrzeuge als Propagandamittel. Hitlergruss und Hakenkreuz hielten an den Rennen in Bern Einzug. Während der Kriegsjahre verstummten die Motoren in Bern. Erst 1947 wurde das Rennen wieder aufgenommen und die Fahrer der italienischen Werksteams von Alfa Romeo und Ferrari gewannen die Oberhand – die deutschen Werksteams blieben noch bis 1953 für Grand-Prix-Rennen gesperrt.

    Das Ende der Motorrennsport-Ära
    Das beliebte Spektakel sah sich seit seinen Anfängen kontroversen Diskussionen ausgesetzt: Kritiker verurteilten die gefährlichen Rennen, bei welchen es immer wieder zu Unfällen mit Todesopfern und Schwerverletzten kam. Der Grand Prix Suisse fand bei jeder Witterung statt, das Gelände war unübersichtlich und die Fahrer kämpften – ohne Sicherheitsgurt und bis 1952 auch ohne Helm – mit widrigen Streckenbedingungen. Unzureichende Sicherheitsvorkehrungen forderten zudem auch Opfer unter den Zuschauenden. Als 1955 beim 24-Stunden-Rennen im französischen Le Mans bei einem Unfall 84 Menschen starben und mehr als 100 Personen verletzt wurden, wurde der Grand Prix Suisse im gleichen Jahr abgesagt und wenig später ein schweizweites Verbot für Rundstreckenrennen erlassen. Im Bremgartenwald sollten keine weiteren Rennen mehr erfolgen.

    pd


    «Grand Prix Suisse 1934–54. Bern im Rennfieber»
    Bernisches Historisches Museum
    Helvetiaplatz 5
    3005 Bern

    Bis zum 22. April 2019

    Öffnungszeiten:
    Dienstag bis Sonntag
    10 bis 17 Uhr
    Montag geschlossen

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